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«Die Kinder verletzt es noch viel mehr»

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Shawne Fielding bei einem TV-Auftritt.

«Wenn ich höre, dass sich in der Schweiz viele Männer in einer ähnlichen Situation befinden wie ich, kann ich verstehen, dass sie das sehr wütend macht»: Shawne Fielding bei einem TV-Auftritt.

Im Februar vergangenen Jahres trennte sich das Schweizer Glamour-Paar Shawne Fielding und Thomas Borer. In der Folge musste Fielding aus der gemeinsamen Villa in Thalwil ausziehen, die Obhut über ihren Sohn (7) und die Tochter (3) wurde nicht ihr, sondern dem Vater zugesprochen ein auch für die Schweiz aussergewöhnlicher Fall. Shawne Fielding erzählt exklusiv für den Mamablog von ihrem Leben nach der Trennung.

«Ich war eine Vollzeitmutter, die Kinder waren mein Leben. Und plötzlich wurde mir mitgeteilt, dass ich als Frau und Mutter nicht mehr gefragt bin. Das war ein totaler Schock, ein Horror. Ich könnte so etwas verstehen, wenn ich eine Prostituierte wäre oder alkohol- oder drogensüchtig. Mir ist nicht erlaubt, meine Kinder zu sehen, ausser zu den vom Gericht festgelegten Zeiten. Schlimm ist auch, dass die Kinder noch zu klein sind, um zu begreifen, was passiert. Ich finde, auch wenn man als Partner nicht mehr miteinander auskommt, sollte man versuchen, dies von der Beziehung zu den Kindern zu trennen. Alles andere ist traurig, vor allem für die Kinder.

Natürlich schmerzt es mich als Mutter, von meinen Kindern getrennt zu sein, aber die Kinder verletzt es noch viel mehr. Es ist schrecklich. Die Kinder sind jeweils mittwochs und jedes zweite Wochenende bei mir. An dem Tag bringe ich sie zur Schule, am Nachmittag hat meine Tochter Schwimmkurs, dann gehen wir nach Hause, wir essen zu Abend, pflegen unsere kleinen Rituale: vorlesen, Zähne putzen, ein Bad nehmen, ins Bett gehen. Ich versuche unsere Tage so normal wie möglich zu gestalten. Am nächsten Morgen bringe ich sie zur Schule und dann bleibe ich da meistens und helfe aus, wo Bedarf besteht. Anfangs war der Abschied immer sehr emotional, wir mussten uns mit dieser Situation alle erst zurechtfinden. Für mich ist es noch immer jeden Tag sehr schwierig. Ich versuche stark zu sein und bin dankbar für die Unterstützung meiner Freunde und meiner Familie – Gott sei Dank gibt es Facebook.

Die Tochter ist noch zu klein, aber der Sohn versteht, was abgeht. Er macht eine schwierige Zeit durch und geht in eine Therapie. Er wird jetzt beim Vater von zwei verschiedenen Nannys betreut und kann nicht begreifen, warum er nicht bei seiner Mutter sein kann. Kinder brauchen die emotionale Unterstützung von beiden Eltern. Deshalb sage ich auch nie etwas Schlechtes über ihren Vater, weil ich sie nicht zwischen die Fronten manövrieren will. Als ich noch mit meinem Mann zusammenwohnte, ergab sich eine Situation, in der er den Kindern eine andere Frau vorstellte und plötzlich ging es um die Frage, wen sie mehr lieben, ihre Mutter oder sie. Das war wohl die schlimmste Situation, in der ich mich je befunden habe. Aber ich entdeckte auch, dass ich stark genug bin, so etwas durchzustehen. Weil ich meinem Sohn den Loyalitätskonflikt ersparen wollte, sagte ich zu ihm: Hör zu, was auch immer du sagen oder tun wirst, ich werde dich immer lieben. Ich hätte nicht gedacht, dass das möglich ist, aber die Trennung hat mich meinen Kindern noch näher gebracht. Sie brauchen mich und ich muss ihnen ein Vorbild sein.

Sie müssen lernen, sich in dieser Welt zurechtzufinden, müssen lernen, was richtig und was falsch ist und das kann man ihnen nur beibringen, indem man es vorlebt. Ich habe dem Sohn dann ein Handy gekauft, so dass er immer eine Verbindung zu mir herstellen kann, das hilft ein bisschen. Aber meine Kinder werden heranwachsen, sie werden die Situation reflektieren können, sie werden für sich entscheiden, was richtig und was falsch gelaufen und was überhaupt passiert ist. Ich konzentriere mich einfach auf die Zukunft und hoffe, dass alles okay sein wird.

Ich glaube nicht, dass ich Fehler gemacht habe, ich habe es nicht kommen sehen. Ich denke, dass mir so etwas in den Staaten nicht hätte passieren können. Ich befinde mich in dieser Situation, weil ich das Schweizer Rechtssystem nicht kannte. Und je mehr Zeit verstreicht, desto schlechter stehen die Chancen, dass sich die Situation noch verändern lässt. Und es scheint auch niemanden zu kümmern. Wenn ich höre, dass sich in der Schweiz viele Männer in einer ähnlichen Situation befinden wie ich, kann ich verstehen, dass sie das sehr wütend macht. Ich halte mich fest am Gedanken: Was auch immer passiert, niemand wird mir die Liebe meiner Kinder wegnehmen können. Wir sind gesund und haben einander. Daran halte ich mich fest.»

Aufgezeichnet von Michèle Binswanger

Lieber ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende? Rund 20'000 Scheidungen werden in der Schweiz pro Jahr ausgesprochen, Mütter Väter und Kinder müssen sich auf ein neues Leben ausrichten. Die Scheidung ist womöglich zum verlustreichsten Feld des Geschlechterkampfes geworden und mit dem Streit um das obligatorische gemeinsame Sorgerecht ist das Thema aktueller denn je. Der Mamablog widmet der Scheidung eine Themen-Woche. Am Montag konnten Sie als Einstieg den Beitrag von Ralph Pöhner «Scheidung gleich Befreiung?» lesen. Am Dienstag präsentierten wir Jeanette Kusters Interview mit einem Scheidungsanwalt. Am Mittwoch erzählten Scheidungskinder von ihrem Schicksal. Und gestern lasen Sie Michèle Binswangers Gespräch mit dem Paartherapeuten Jürg Willi.


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